Coralie Fargeats „The Substance“ ist ein Thriller, der das Publikum auf eine gediegene Achterbahnfahrt durch die Welt des Glamours und der Verzweiflung mitnimmt. Nach dem Erfolg von „Revenge“ bringt Fargeat ein Werk auf die Leinwand, das sich mit Fragen zur ewigen Jugend und dem Preis des Ruhms auseinandersetzt.
Die Geschichte dreht sich um die Hollywood-Schauspielerin Elizabeth (Demi Moore), die den drastischen Preis der Ewigkeit zahlen muss. In einem visuellen Aufeinandertreffen von Luxus und Verfall entfaltet sich die Geschichte um die Jagd nach Unsterblichkeit und den psychologischen und physischen Preis, den man dafür zahlen muss. Die Eröffnungsmontage, die Elizabeths Stern auf dem Hollywood Walk of Fame über die Jahre zeigt, ist ein kraftvolles Bild für den Verfall von Ruhm und Glanz und verdeutlicht den Wandel von einer gefeierten Schauspielerin zur kaum beachteten Moderatorin einer Tagsüber-Aerobic-Show.
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Die Kameraarbeit von Benjamin Kracun ist herausragend und trägt maßgeblich zur intensiven Atmosphäre des Films bei. Besonders beeindruckend ist der Wechsel zwischen verschiedenen Zeitebenen, der das Publikum ständig fesselt. Die visuellen Kontraste zwischen der opulenten Extravaganz und der kalten Einsamkeit der Hauptfigur sind eindringlich und lassen den Zuschauer die isolierte Welt der Protagonistin nachempfinden.
Elizabeth verliert ihren Job als Aerobic-Moderatorin und wird kurz darauf in einen Unfall verwickelt, den sie relativ schadenfrei übersteht. Nach ihrem Aufenthalt findet sie in ihrer Manteltasche einen seltsamen USB Stick mit einer Telefonnummer, der Aufschrift „The Substance“ und einen Zettel, der besagt: „Es hat mein Leben verändert“.
Zu Hause sieht sie sich den Film an, der verspricht, dass man eine bessere Version seiner selbst bekommt. Jung, wunderschön, perfekt. Eine Injektion schließt die DNA auf und lässt diese neue Version entstehen. Erst wirft sie den Stick weg, beschließt aber nach einer langen Nacht, doch auf das Angebot einzugehen. Schon nach einer kurzen Wartezeit bekommt sie eine geheimnisvolle Chipkarte, mit der sie an einem ominösen Ort ein Paket abholen kann. Und dann beginnt die Prozedur: Sie injiziert sich die grüne Substanz und teilt sich schmerzhaft in eine zweite, jüngere, pralle Version ihrer Selbst. Jede Frau hat 7 Tage für sich, während die „Hülle“ der anderen regungslos zu Hause liegt. Dann müssen sie tauschen – wenn sie das nicht tun, dann spürt die jeweils andere die Konsequenz an ihrem eigenen Leib.
Demi Moore liefert eine kompromisslose Performance, die ihrer Rolle eine tiefgehende Emotionalität verleiht. Ihre Darstellung der inneren und äußeren Zerrissenheit ist sowohl kraftvoll als auch berührend. Margaret Qualley als Sue bringt ebenfalls eine starke Leistung, jedoch bleibt die Interaktion zwischen den beiden Frauen oberflächlich und lässt einige der emotionalen und feministischen Themen unterentwickelt.
Zu Beginn erscheint die Idee verlockend und man könnte sich selbst vorstellen, die Substanz ebenfalls nutzen zu wollen. Doch die abstoßenden Nebenwirkungen und die problematische Beziehung zwischen den beiden Frauen lassen einen schließlich von dem Gedanken Abstand nehmen.
Die Soundeffekte sind intensiv und manchmal sogar verstörend. Für ZuschauerInnen mit Misophonie kann der Film eine Herausforderung darstellen, besonders in Szenen, in denen Dennis Quaid unangenehm kauende Geräusche produziert – ihn dabei zu sehen, wie er schmatzend, laut und unerbittlich Garnelen knackt und sie in saftige Sauce tunkt, kann es einem im Kinositz unangenehm hochkommen lassen. Diese akustischen Elemente verstärken die unbehagliche Stimmung und tragen zur intensiven Atmosphäre bei.
Der Film berührt spannende Themen wie den Umgang mit Ruhm und den Preis der Unsterblichkeit, jedoch wird das Potential der Prämisse nicht vollständig ausgeschöpft. Anstatt die psychologische Tiefe und die gesellschaftlichen Kommentare weiter zu vertiefen, driftet der Film gegen Ende in unverständliche Monster-Horror-Elemente ab, die eher an David Cronenberg erinnern als an einen scharfen gesellschaftlichen Kommentar. Dies führt zu einem abrupten und enttäuschenden Schluss, der den Ausgangspunkt der Geschichte entwertet und die Tiefe der Charaktere schmälert. Auf die letzten 20 Minuten hätte man gut verzichten können.
Die feministischen Themen, die in der Vorschau groß angekündigt wurden, kommen nur bedingt zur Geltung. Statt eine fundierte Kritik an der Sexualisierung und dem Rollenbild von Frauen in der Unterhaltungsindustrie zu liefern, bleibt der Film bei oberflächlichen Darstellungen und verfehlt es, eine tiefere Auseinandersetzung zu bieten.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „The Substance“ visuell und darstellerisch beeindruckt, aber narrativ und thematisch hinter seinen Möglichkeiten zurückbleibt. Die Neugier auf das Universum des Films bleibt bestehen, jedoch wird das Potential für eine tiefere Auseinandersetzung mit den komplexen Themen nicht vollständig genutzt. Fans von Coralie Fargeat werden die eindrucksvollen visuellen und akustischen Elemente zu schätzen wissen, aber der Film bietet keine vollständige Erfüllung der komplexen Themen, die er anspricht.